Erfahrungsberichte Lateinamerika
28.12.2015

Freiwilligendienst bei SONADOR in Costa Rica

“Schokogesichter, die glücklich machen”

Elif Taluk über ihren Freiwilligendienst in Costa Rica

Nach meinem Abitur im Jahr 2007 beschloss ich, für neun Monate nach Costa Rica zu fahren, um bei einer Organisation namens „Soñador“, was übersetzt träumerisch oder Träumer heißt, mitzuwirken.

Ich lebte in der kleinen Dorfgemeinschaft Longo Mai mit ungefähr 400 EinwohnerInnen, die zum Großteil Flüchtlinge aus El Salvador und Guatemala waren und eine gewisse Landfläche, die ihnen zur Verfügung gestellt wurde, bewirtschafteten und somit eigenständig ihr Leben gestalten konnten.

Abgesehen von dem Dialekt, der anfänglich eine kommunikative Barriere darstellte, war es die neue, ungewohnte Lebensart in kleinen Holzhütten mit nur kaltem Wasser, die ärmliche Lage der BewohnerInnen und die klimatischen Gegebenheiten, die eine große Umstellung für mich darstellten.

Trotz allem stürzte ich mich nach kurzer Eingewöhnungsphase mit weiteren Freiwilligen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz in die Arbeit und wir planten gemeinsam Spielenachmittage für die Kinder.

Von dem Projekt Soñador waren im Grunde weder Kontaktpersonen vor Ort noch wurden finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt, um Materialien zu kaufen. Das führte dazu, dass wir alle Utensilien wie Spielbälle, Papier, Stifte etc. selber besorgen und zahlen mussten. Mit der Zeit verringerte sich aus unterschiedlichen Gründen die Anzahl der Freiwilligen und auch die Motivation der Kinder war bald verflossen.

Als diese anfängliche Idee nicht so fruchtete, widmete ich mich einer anderen Tätigkeit. Ich beschloss eine alleinerziehende Mutter namens Maritza, die im Dorf Schmuck an BesucherInnen sowie Freiwillige verkaufte, bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Maritza hatte vier Söhne und neben der körperlich sehr anstrengenden Arbeit am Ananasfeld verbrachte sie einen Großteil ihrer Zeit damit, aus unterschiedlichen Kernen oder anderen natürlichen Bestandteilen aus dem Wald Schmuck herzustellen. Später entstand die Idee, eine große Menge davon nach Österreich zu schicken, weil sich eine Bekannte dazu bereit erklärte, diese außergewöhnlichen Handwerke in ihrem kleinen Geschäft zu verkaufen. Ich persönlich habe während der Zeit, die ich im Dorf verbracht habe, darin die sinnvollste Arbeit und Unterstützung gesehen, die ich leisten konnte.

Nach vier Monaten im Dorf fasste ich allerdings den Entschluss, etwas Neues auszuprobieren und zog in die nahegelegene Stadt San Isidro, wo ich dann insgesamt fünf Monate in einem Waisenhaus für Mädchen tätig war.

Meine Arbeit bestand hauptsächlich darin, die Nachmittagsbetreuung der Kinder, die im Alter von 12-15 Jahren waren, zu übernehmen. Immer wieder überlegte ich mir alternative Programme, damit ein wenig frischer Wind in den eher tristen Alltag eindringen konnte. Neben Unterstützung bei den Schulaufgaben war genug Raum, um viel zu basteln, unterschiedliche Zirkus-Elemente wie Jonglieren sowie den Umgang mit Poi´s auszuprobieren oder österreichische Spezialitäten wie Palatschinken zu kochen, was dazu führte, dass sich fast alle Mädchen ihre Gesichter mit Schokolade beschmierten. Wenn ich daran denke, muss ich heute immer noch lächeln und merke, wie sehr mich diese Nachmittage beglückt haben.

Ich hatte das Gefühl, eine mehrfache Rolle eingenommen zu haben, zum einen war ich Nachhilfelehrerin und Betreuerin und zum anderen Freundin und Schwester. Ich kann gerade nicht einmal sagen, wer von uns mehr dazu gelernt hat, die Mädchen von mir oder eher doch umgekehrt.

Allerdings weiß ich, dass mein Entschluss, alleine für einen längeren Zeitraum ins Ausland zu gehen und an unterschiedlichen Projekten mitzuwirken, mir die Möglichkeit gegeben hat, mich selber ein Stück besser kennen zu lernen und weiter zu entwickeln. Diese Zeit und Erfahrungen haben mich enorm geprägt und wesentlich zu der Erkenntnis beigetragen, dass es im Grunde nicht viel braucht, um glücklich zu sein oder andere glücklich zu machen.

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